Diskus-Olympiasieger Robert Harting: „Im Schulsport auch Ernährung und Gesundheit thematisieren.“

Diskus-Olympiasieger Robert Harting: „Im Schulsport auch Ernährung und Gesundheit thematisieren.“

© Foto: Robert Harting

Gold bei den Olympischen Spielen in London 2012 sowie dreimal Weltmeister (2009, 2011 und 2013): Robert Harting war als Diskuswerfer enorm erfolgreich. Paul-Lukas Huber (Jg. 12), beim TuS Wunstorf selbst lange aktiv im Kugelstoßen und Diskuswurf, hat den ehemaligen Spitzensportler für Blattsalat interviewt. 

Sagen Sie mal, Herr Harting: Finden Sie den Schulsport, so wie er zurzeit stattfindet, sinnvoll? 

Ich kann das gar nicht so richtig beurteilen. Ich kenne natürlich viele ehemalige Sportler, die Sportlehrer geworden sind und immer wieder erschrocken feststellen, wie wenig mobil, kreativ und fähig die Kinder heute sind. Auch wenn das nur ein Auszug ist, kann ich mir schon vorstellen, dass der Schulsport im ganzen Land vielleicht an den Konsum digitaler Inhalte angepasst werden muss – es gibt ja auch digitale interaktive Bewegungsmodelle. Ich denke aber, dass eine Grundfertigkeit in Form von Leichtathletik, Turnen oder Ballsportarten vorhanden sein muss. Meine eigene Schulzeit war natürlich sehr davon geprägt: Leichtathletik, Turnen und diverse andere Spiele waren genauso eine wichtige Grundlage wie Sportfeste, bei denen man für gute Leistungen ein Kärtchen bekommen hat – das waren immer schöne Momente.

Sollte es Veränderungen am Schulsport geben – mit Fokus auf bestimmte Sportarten oder Themen wie Ernährung und Gesundheit?

Das finde ich total toll, Themen wie Ernährung und Gesundheit im Sportunterricht stehe ich sehr aufgeschlossen gegenüber – solange das nicht die physische Legasthenie fördert (schmunzelt). Auch ich würde sagen, dass der Schulsport sein Feld ausweiten sollte – wie etwa die bereits erwähnte digitale Integration, die auf Bewegung aufbaut. Und dann gibt es ja auch die Problematik, wenn Sportlehrer ausfallen und fachfremde Kollegen eingesetzt werden – oder der Sportunterricht ganz ausfällt …

Wichtig ist, dass der gesamt Schulsport eine Ebene hat, die ihm Respekt verleiht – zum Beispiel im Schulsport per se muss ein Lehrer, um Bewegungen zu korrigieren, Schüler auch mal anfassen dürfen. Allein da drohen ja schon etliche Klagen – wobei ich nicht weiß, wie da der aktuelle Stand ist. Aber wenn ich einem Kind zeigen möchte, wie etwa der Fuß gesetzt werden soll, muss ich ihn kurz anfassen und nicht mit einem Zeigestock künstlich den Weg weisen.

Von 2012 bis 2014 wurde Robert Harting dreimal in Folge zum „Sportler des Jahres“ gewählt © Robert Harting
Ab dem zwölften Jahrgang kann man unserer Schule seine Sportkurse wählen. Sollte das schon früher möglich sein, um sich auf Interessen zu fokussieren – oder sollte man bis zu einer bestimmten Klassenstufe Sportunterricht nach Vorgabe haben, um Interessen und Kenntnisse auszubilden?

Ich würde sagen, das Letztere, da eine breite Basis sehr, sehr wichtig ist. Ich weiß nicht, ob man sich auf konkrete Sportarten spezialisieren muss – dazu sollte man auf einer Sportschule sein, denn da wird ja im Nachmittagsbereich ohnehin eine Spezialisierung vollzogen, und der Sportunterricht läuft weiterhin ganz normal. 

Was halten sie von den Wurfsportarten allgemein, da diese eine relativ lange Lern- und Trainings-Phase beanspruchen und man das Können schlecht ausbilden kann?

Da gebe ich Dir recht. Es ist leider so, dass es sehr komplex ist, dass sich erst nach langer Zeit die Bewegungsmuster im Körper so abbilden, dass die Physik so funktioniert, dass sie für einen Coach oder Lehrer auch Sinn macht. Manche Sachen lernen sich eben schneller, manche nicht. Ich habe ja auch erst mit 16 mit den Wurfsportarten begonnen, und wenn man damit noch früher beginnen würde, glaube ich nicht, dass man erfolgreicher wird. Denn je früher ich Bewegungen mache, die mein Körper vielleicht gar nicht kann, desto schädlicher wäre das ja. Und daher glaube ich, dass ein leichter Fokus auf eine Clustersportart gar nicht so schlecht ist.

Was ist eine Clustersportart?

Das sind Sportarten, die einen weiteren Vertiefungsstrang haben. So gibt es beispielsweise innerhalb der Leichtathletik den sogenannten Wurfblock mit Diskus, Speer und Kugel. Oder beim Hockey etwa das Thema Abwehr mit einer Innen- und Außenverteidigung.

Ist es sinnvoll, Diskus im Schulsport zu unterrichten, da es als zweitschwerste Sportart der Leichtathletik gilt?

Ich finde es nicht schlecht, dem Diskus verwandte Sachen zu machen, etwa Rotationen, die ja doch für den Körper und das Gleichgewicht doch etwas schwerer sind. Leider fehlt da oft die Ausbildung der Sportlehrer, zumal es sehr schwer ist, das vom Lehrer zu verlangen. Wie man Sachen gestaltet, um sich inhaltlichen Themen zu widmen, die vielleicht nicht ganz so geläufig sind, bedarf es des Glücks eines guten Sportlehrers. Man muss auch ganz klar sagen, dass der Sportlehrer erst ab einer gewissen Zeit Sachen beurteilen kann, und wenn dann auch noch Sportstunden ausfallen, wird das sehr, sehr schwer.