Berufspraktikum in einer Grundschule: Kindern helfen und sie unterstützen

Berufspraktikum in einer Grundschule: Kindern helfen und sie unterstützen

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Leonie Hohenhaus (Jg. 9) kann sich vorstellen, später Grundschullehrerin zu werden. Ihr Berufspraktikum hat sie deswegen im Februar 2020 an der Oststadtschule Wunstorf verbracht – eine Grundschule mit ca. 200 Schülern im Alter von fünf bis elf Jahren.

Zugeteilt war ich Frau Lordan, der Klassenlehrerin der Klasse 2b, in der ich auch größtenteils meine Zeit verbracht habe. Dort konnte ich zwei Wochen lang mit den Kindern zusammenarbeiten, ihnen bei Aufgaben helfen und mit ihnen basteln. Ich saß neben einem Schüler, der noch große Probleme beim Lesen und Schreiben hat. Ihm konnte ich besonders in Deutsch und Sachunterricht helfen, wenn er Aufgaben nicht lesen oder verstehen konnte. Es war sehr schön zu sehen, wie ein Kind dank meiner Unterstützung etwas verstehen und bearbeiten konnte.

„Es war sehr schön zu sehen, wie ein Kind dank meiner Unterstützung etwas verstehen und bearbeiten konnte.“

Der Schultag beginnt um 7:55 Uhr, endet um 12:45 Uhr und besteht aus Deutsch, Mathe, Sachunterricht, Religion, Sport und Musik. Für die muslimischen Schülerinnen und Schüler gibt es während der Religionsstunde eine Betreuung, in der sie die Möglichkeit hatten, Grammatik- und Rechenaufgaben zu lösen oder Lernspiele zu spielen. Am Sportunterricht habe ich nicht teilgenommen, sondern etwas für die Schule getan, während sich die Kinder für die anstehenden Bundesjugendspiele am Reck, am Barren und auf der Matte vorbereitet haben. Ab und zu habe ich auch dort beim Auf- und Abbau geholfen oder aufgepasst, dass sich niemand verletzt. Zu den Kindern hatte ich auch außerhalb des Unterrichts viel Kontakt. Vom gemeinsamen Nachhausegehen bis zum Schaukeln in der Pause war alles dabei. Ich wurde dort direkt akzeptiert und aufgenommen, sowohl von den Schülern als auch von den Lehrern.

Um mir einen wirklichen Eindruck vom Beruf als Grundschullehrer verschaffen zu können, durfte ich mir Spiele ausdenken, mit einzelnen Kindern draußen Aufgaben bearbeiten und sogar Tests korrigieren und benoten. Mir wurde die gesamte Schule gezeigt und ein wenig über sie erzählt – wie zum Beispiel, dass sie früher noch gar keine Grundschule, sondern eine andere Schule ab der 5. Klasse war. Deswegen sieht man an manchen Klassenräumen noch alte Schilder, auf denen „Klasse 6“ oder so steht. Montags, mittwochs und freitags fand in der letzten Stunde kein wirklicher Unterricht statt, sondern freies Spielen auf dem Schulhof oder Basteln im Gruppenraum. Das war aber freiwillig, die meisten wurden vorher von ihren Eltern abgeholt.

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Jeden Montagmorgen gibt es einen Sitzkreis, in dem erzählt wird, was wir am Wochenende getan haben. Auch wenn jemand Geburtstag hat, wird sich zusammengesetzt, gesungen und geredet. Das Geburtstagskind darf sich anschließend ein kleines Geschenk aussuchen. Ich hatte das Gefühl von einer starken und super freundlichen Klassengemeinschaft, es konnte immer in Gruppen gearbeitet werden und es wurde nach kleinen Auseinandersetzungen sofort verziehen und entschuldigt. Ein neuer Schüler, der erst in meiner zweiten Praktikumswoche kam und kein Deutsch sprechen kann, hat ebenfalls sehr schnell Freunde gefunden und bekommt viel Hilfe von seinen Mitschülern.

Der „Alltag“ in der Grundschule ist kaum vergleichbar mit dem der IGS oder einer anderen, weiterführenden Schule – daher unterscheiden sich die Aufgaben als Lehrer definitiv. Es war interessant, von Frau Lordan aus der Perspektive eines Lehrers über den Beruf zu erfahren, denn von vielen Aufgaben bekommt man als Schüler oder „Außenstehender“ gar nichts mit. Die Arbeit hört für einen Grundschullehrer nicht nach Schulschluss auf. Zuhause muss sich neben Familie und Haushalt auch noch um den nächsten Unterricht gekümmert werden. Arbeitsblätter und vielleicht auch Spiele müssen ausgesucht werden. Dazu kommt das Korrigieren von Tests und Hausaufgaben, manchmal auch das Einkaufen von Materialien wie Pappe, Stifte oder Dingen für den Kunstunterricht. Nachmittags finden häufig Konferenzen statt. Mal mit dem gesamten Kollegium (Gesamtkonferenzen), anderen Fachlehrern (Fachkonferenzen) oder nur den Lehrern, die die Klasse unterrichten (Klassenkonferenzen). Haben Eltern den Wunsch, sich mit dem Lehrer/der Lehrerin zu unterhalten, müssen auch Elterngespräche eingerichtet werden.

In der Oststadtschule finden die Konferenzen für Frau Lordan meistens montags, von 14:00 bis 18:00 statt. Aber auch in der Schule am Vormittag hat ein Grundschullehrer mehr zu tun, als nur den Kindern das Einmaleins oder Grammatik beizubringen. In der Pause haben die Lehrer ja nicht auch gleich Pause. Sie müssen Blätter kopieren, die Sachen für den nächsten Unterricht zusammensuchen und sich gegebenenfalls noch mit Lehrern oder Schülern unterhalten. In den Pausen findet also nicht nur Kaffeeklatsch im Lehrerzimmer statt, sondern auch Pausenaufsichten oder Streitereien zwischen Schülern gehören dazu. Und die gibt es bei so jungen Kindern ja nicht selten.

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„Es gibt einen großen Unterschied zwischen der Zusammenarbeit mit Kindern und der Arbeit mit Erwachsenen”, sagt Frau Lordan, „die Kinder sind eigentlich rund um die Uhr fröhlich und lassen so viel offener mit sich umgehen. Sie sind dankbar für die Mühe und die Arbeit des Lehrers und verzeihen schnell.” Man würde also nie vorgeworfen bekommen, dass man vor drei Wochen das und das gesagt hat oder jemanden beim falschen Namen genannt hat. Auch das macht den Unterricht noch viel entspannter und friedlicher.

Ein weiterer Vorteil sei die Wissbegierde der Schüler. Sie wollen vieles wissen und alleine herausfinden, so dass Aufgaben, bei denen man kreativ sein muss, schnell und mit Begeisterung erledigt werden. Es ist nicht unbedingt ein Nachteil, aber eine Umstellung: Die Kinder kommen heutzutage mit anderen „Voraussetzungen“ als früher, wie man es vielleicht aus seiner eigenen Schulzeit kannte. Zum Beispiel können sie sich ganz viele „Pokemon”-Namen merken, aber sich Vokabeln einzuprägen, das fällt ihnen dafür schwerer. Das hängt aber natürlich auch mit den persönlichen Vorlieben zusammen. Dieser Unterschied zu früher ist nicht unbedingt schlecht – aber anders und interessant. Auch die Schule allgemein hat sich im Laufe der Zeit verändert. So etwas wie Schulbegleitern, die sich auf einen einzelnen Schüler konzentrieren können, gab es früher noch gar nicht. Und auch so gut ausgebildete Sozialpädagogen waren damals nicht auf jeder Schule vorhanden. Das heißt, auch solche Veränderungen vereinfachen es dem Lehrer, eine gesamte Klasse mit 16 bis 20 Schülern zu unterrichten.